Gottesdienst Predigt 25.11.2018

Predigt zu Jesaja 65,17–19(20–22)23–25 – Pastor Henning Hinrichs

 

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,
bevor am nächsten Sonntag mit dem ersten Advent ein neues Kirchenjahr beginnt, denken wir heute zurück auf die hinter uns liegende Zeit. In besonderer Weise denken wir an die Verstorbenen, die im vergangenen Jahr von uns gegangen sind. In vielen Gemeinden werden, wie bei uns auch, ihre Namen verlesen, Lichter entzündet. Viele Familien gehen heute über den Friedhof, ein Weg, der so schmerzlich bewusst werden lässt, dass unser Leben, das Leben der Menschen, die wir lieben, vergeht. Jeder Grabstein erinnert an eine Lebensgeschichte, die nicht selten viel zu früh abriss, erzählt von Erinnerungen.
Wo Liebe ist, da ist auch Trauer, wie die Kehrseite einer Medaille. Es ist ja nicht so, dass man das anders will. Dass ich Trauer empfinde, ist ja ein Ausweis, dass ich geliebt habe, geliebt wurde. Sinnvolles, gelebtes Leben zusammen. Aber es fällt eben so schwer, den Weg allein weiterzugehen, den man so oft und gern gemeinsam ging!
Der Name des heutigen Sonntags, Ewigkeitssonntag, zeigt den gelebten Erinnerungen deshalb eine neue Perspektive auf. Unser Leben ist mehr als das hier. Auch wenn das kühn in einem Moment wirkt, der vom Verlust bestimmt ist: Leben wird über sich hinauswachsen, wenn Gott es in die Hand nimmt. Wir haben das ja schon in der Lesung aus dem neue Testament gehört: Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Hier nun spricht Jesaja, der Prophet des Alten Testaments, von seiner Vision, und sie klingt ganz ähnlich:
Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens.
Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt … Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der HERR.
Das klingt wie ein Traum von ewiger Jugend. Kinder fragen manchmal ganz direkt, wie es wohl im Himmel sein mag. Sie machen sich ihre Gedanken. Und manchmal haben sie viel klarere Vorstellungen vom Himmel, als wir Großen. Sie können sagen; „Die Oma oder der Opa sind doch gar nicht tot. Die leben doch jetzt bei Gott!“ Wir Erwachsenen tun uns dagegen oft sehr schwer damit, den Himmel zu erklären. Was soll man da sagen?
Gott wird einmal einen neuen Himmel und eine neue Erde erschaffen, sagt Jesaja. Und er beschreibt dabei eine Welt, die wie der Himmel auf Erden ist. Doch anders als bei Johannes ist diese Welt noch nicht Gottes Ewigkeit. So kühn konnte Jesaja es noch nicht sagen. Sie beschreibt kein grenzenloses Leben. In dieser Welt gibt es den Tod doch noch, nur später: Als Knabe gilt, wer im Alter von 100 Jahren stirbt, spricht der Herr.
Aber es gibt kein Leid mehr - nicht der Tod wird weggenommen, aber das Leid. Vielleicht ist das ja auch schon der erste Schlüssel um mit Abschieden umgehen zu können, wenn daran nicht so viel Leid hinge. Wenn man irgendwann, lebenssatt sagen könnte: Und jetzt ist es genug. Jetzt will ich gehen. Und man als Angehöriger auf ein gutes Leben zurückblicken und auch loslassen kann.
Man wird keine Sorgen mehr kennen. Jeder kennt ja Sorgen und auch Leid. Sorgen bereiten uns Krankheiten, die kein Mensch heilen kann. Wie viel Leid entsteht auf unserer Welt durch Leichtsinn und Fahrlässigkeit!
Eine Welt ohne Leid. Das klingt traumhaft und erscheint unvorstellbar.
Je mehr ich vom Leben erfahre, desto öfter frage ich: Hat unsere Welt denn überhaupt eine Zukunft? Ich kann mir auch keine Welt vorstellen, in der ein Raubtier auf seine Beutezüge verzichtet und statt dessen von Stroh lebt.
Aber könnte einer von uns sagen, was bei Gott einmal möglich sein wird? Der Urknall des Christentums selbst ist ja gerade ein gedankliche Ungeheuerlichkeit. In Jesus Christus hat Gott doch gezeigt, wie grenzenlos seine Kraft und seine Möglichkeiten sind. Unheilbar Kranke wurden durch Jesus gesund. Tote rief er ins Leben zurück. Menschen, deren Geist schwer krank war, wurden geheilt. Und dann die Auferstehung Christi! Da hatte es doch schon begonnen.
In Traueransprachen gibt es irgendwann den Punkt, an dem ich vom Leben der Verstorbenen auf die Hoffnung von Gottes Verheißung nach Leben schwenke. Manchmal wirkt das vielleicht etwas unvermittelt. Das gemeinsam gelebte Leben kennt man, da kann man mitgehen, aber Leben nach dem Tod, dass Gott alle Tränen abwischen wird, wie wir es aus der Offenbarung des Johannes gehört haben, wenn Gott den Himmel und die Erde erneuert, da wird es dann für einige zu kühn.
Aber genau darum geht es, es geht darum, kühn in seiner Hoffnung zu sein, nicht nur dem Offensichtlichen zu vertrauen, sondern viel mehr denken zu können, hoffen zu können. Wer weit hoffen kann, wird auch weit kommen.
Das ist für den Blick auf das Leben der Verstorbenen wichtig, denn wie oft ist so viel unvollendet geblieben. Die Verheißung Gottes schenkt das Vertrauen auf Vollendung dieses in unseren Augen irgendwie nur angefangenen Lebens.
Aber auch für uns, die wir diesen Leben noch zu bestehen haben. Leben ist nur lebbar, solange du eine Vision hast, wenn du noch weißt, wo du hinwillst.
Für den, der Gott vertraut, ist der Tod die Brücke, die zum bleibenden Leben in der Herrlichkeit unseres himmlischen Vaters führt. Dieses Leben wird frei sein von der Last der Schatten. Es ist ein Leben im Licht, für das es keine Grenze gibt.
Die Strahlen dieser Zukunft reichen aber auch heute schon ins Leben hier. Das ist ja das Seltsame mit uns Menschen. Nur durch Übung wird man zum Meister. Nimm man sich vor, Gutes zu tun, jeden Tag etwas, auch wenn man zunächst innerlich verärgert ist, dann wird man feststellen, das man tatsächlich freundlicher wird, wie man sich mit jeder Tat, mit jedem gewagten positiven Gedanken, selbst verändert.
Das gilt auch fürs Hoffen. Stellen Sie sich eine begründete Hoffnung vor, und dann leben sie den Tag in der Vorstellung, dass das wirklich eintreten kann. Am ersten Tag wird es komisch sein, Sie werden immer mal wieder denken, ist doch Quatsch, was soll jetzt noch kommen. Machen Sie es am zweiten Tag genauso, wagen Sie Hoffnung, am dritten, an jedem weiteren. Sie werden anders auf das Leben blicken, anders durchs Leben gehen. Auch Hoffnung muss man üben – aber es gibt Grund zu hoffen. Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen
Wo diese Strahlen Gottes unsere Erde berühren, wo wir es pben Tag für Tag, da wird das Dunkel dieser Welt ein heller. Da wird Glauben geweckt, wo kurz zuvor noch die Verzweiflung gequält hat. Das Grab, das wir sehen, ist nicht das Ende, sondern es ist der Übergang zum bleibenden Leben: Ich lebe, und ihr sollt auch leben!, sagt der auferstandene Christus.
Warum sollte das nicht die begründete Hoffnung sein, auf die man sein Leben aufbaut, Tag für Tag diese Hoffnung lebt. Und zu merken, dass das Leid wirklich kleiner wird, nicht verschwindet, noch nicht, aber an Bedeutung verliert. Ich habe erlebt, wie tragfähig diese Hoffnung das Leben wie das Sterben bestimmen kann. Ich möchte diesesVertrauen wagen.
Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freut euch und seid fröhlich über das, was ich schaffe, spricht Gott.
Und er Friede Gottes, der….
Amen.

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