Gottesdienst Predigt vom 30.07.2017

Predigt zu Johannes 6,30–35 – Pastor Henning Hinrichs


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
meine Frau hatte während unseres Urlaubs Geburtstag und es kam dabei die Frage auf, was denn ein angemessenes Getränk für diesen Anlass sei. Wir waren mit drei Familie zusammen und so wurden die Vorschläge ausgetauscht. Ein guter toskanischer Rotwein vielleicht? Oder ein frisch gepresster Orangensaft? Oder ein Sekt?
Eine Frau erzählte dann von einer Freundin, die nur noch Champagner trinke, egal welcher Anlass. Sekt rühre sie nicht mehr an, viel zu ordinär, kein Vergleich zu Champagner. Interessanterweise waren sich alle Anwesenden einig, alle hatte schon Champagner getrunken, dass ihnen eigentlich, wenn sie ehrlich sind, Champagner gar nicht so gut schmecke. Muss es denn Champagner sein?
Ein Mensch gelangt, mit Müh und Not/ vom Nichts zum ersten Stückchen Brot/ Vom Brot zur Wurst geht’s dann schon besser, der Mensch entwickelt sich zum Fresser/ und sitzt nun, scheinbar ohne Kummer/ als reicher Mann bei Sekt und Hummer/ Doch sieh, zu Ende ist die Leiter/ Vom Hummer aus geht nichts mehr weiter/ Beim Brot, so denkt er, war das Glück/ Doch findet er nicht mehr zurück.
So dichtet Eugen Roth. Wenn man erst einmal bei Hummer und Champagner angekommen ist, geht es nicht mehr weiter. Man kann nur noch mehr Geld für noch teureren Hummer und Champagner ausgeben, vielleicht sind sie dann noch besser, um Nuancen, aber es bleiben eben Hummer und Champagner. Und wer erst einmal Hummer und Champagner als normal ansieht, der rührt Brot und Wasser nicht mehr an.
Und obwohl wir längst am Ende der Leiter stehen, hört eine raffinierte Werbung nicht auf uns noch eine Sprosse höher zu locken. Glück durch Essen und Trinken, durch Autos, Elektroartikel, das richtige Duschgel mit neuester F14+-Formel u.s.w.
Und es ist doch schon erstaunlich, dass trotz dieses großen Wohlstandes, Menschen doch nicht glücklicher werden. Warum trotz Überfluss so viele Menschen mutlos in die Zukunft schauen und manche sogar ihre Wut auf die Straße schreien. So viele Bedürfnisse sind heute für alle gestillt, kaum einer muss noch fragen, wie er morgen an Brot kommen soll, er darf sich die eigentlich belanglose Frage stellen, wie er das neueste Handy bekommen kann.
Und trotzdem: der Hunger nach Glück, nach anhaltender Zufriedenheit, nicht nur bis zum nächsten Einkauf, der Lebenshunger ist geblieben. Die Kühlschränke sind gefüllt, aber die Seele ruft immer wieder mal nach mehr. Muss es denn Champagner sein?
Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): »Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.« Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt mich gesehen und glaubt doch nicht.
In dieser Gesichte geht es um ein Missverständnis. Und vielleicht ist es genau das Missverständnis, dem heute so viele Menschen erliegen. Die Menschen, die mit Jesus sprechen, wollen satt werden, so wie damals die Israeliten satt geworden sind, als sie in der Wüste waren und Brot vom Himmel regnete. Jesus verweist sie noch darauf, dass Gott Brot gibt. Für eine religiösen menschen ist das klar. Sicher: Alle guten Gaben, alles was wir haben, kommt von Gott, dem Herrn u.s.w. Dass Jesus das dann „wahres Brot“ nennt, verstehen sie anscheinend nicht. Brot ist Brot, selbst wenn es wie damals in der Wüste aus dem Himmel kommt.
Und wenn sie dann satt werden vom Brot, dann können sie an Jesus glauben, ihm vertrauen. Erst muss der Magen voll sein, damit es zum Glauben reicht. Brot soll vom Himmel regnen, wie damals bei der Flucht aus Ägypten. Oder wie Bert Brecht das formuliert hat: „Zuerst kommt das Fressen und dann die Moral.“
Aber Jesus spricht gar nicht von Grau-, Fladen-, Misch-, Schwarz- oder Dinkelbrot. Er sagt ganz bewusst, dass Gott das „wahre Brot“ gibt. Er spricht genauso auch von einem anderen, einem tieferen, andauernden Sattwerden. Und das wird man nicht vom Brot allein. Jesus sagt: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.
Ein Missverständnis, vielleicht das Missverständnis des 21. Jahrhunderts auf der Suche nach Glück und Zufriedenheit. Nicht weil Menschen etwas haben, kommt das Glück, sondern weil sie etwas sind. Es gibt im Deutsch den Ausdruck „Ich habe Glück“ und „Ich bin glücklich“. Und diese Sätze beschreiben etwas ganz unterschiedliches: Wenn ich sage „Ich habe Glück“, dann sage ich, dass etwas Glückliches zu meinem jetzigen Zustand für einen Augenblick hinzu gekommen ist, von außen in mein Leben getreten ist.
Stellen Sie sich jemanden vor, der Tag für Tag mit dem Auto zur Arbeit fährt, immer dieselbe Stecke, sein Leben ist gleichförmig und es fällt ihm zunehmend schwerer, sich morgens aus den Federn zu quälen, um Tag für Tag das immer wieder Gleiche zu verrichten. Als er nun an eine Kreuzung fährt, ist er für einen kurzen Moment unaufmerksam, ein Lkw rast an ihm vorbei und verpasst ihn nur knapp. Zum Glück wird er nicht mitgerissen. Er sagt zu sich: „Da habe ich aber Glück gehabt“. Dann fährt er weiter und er ist derselbe resignierte und unglückliche Mensch.
Selbst wenn ich im Lotto gewinne, macht das mein Leben angenehmer, sicher, aber der Lottogewinn kann sich verbrauchen und ein noch so hoher Lottogewinn muss nicht dazu führen, dass ich sage: „Ich bin glücklich.“
Wenn ich das sage: „Ich bin glücklich“, dann sage ich etwas über meinen Zustand, über mein Innerstes. Und dann kann von Außen etwas hereinbrechen, für den Augenblick oder eine Zeit lang, aber ich werde wieder sagen können: „Ich bin glücklich“
Wollen Sie das nicht auch von sich sagen können? „Ich bin glücklich“ Darum geht es Jesus, dass ich sagen kann: Ich bin glücklich. Ich habe etwas in meinem Innersten, das mir Kraft und Zuversicht, Freude und Vertrauen, all das, was ich brauche, um glücklich zu sein, gibt. Ich bin glücklich!
In Erinnerung an die Speisung in der Wüste sagte Mose dem Volk: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht (5. Mose 8,3). In der Wüste sollte sich zeigen, was in den Herzen der Israeliten wäre: an was glauben sie, an das Wunder mit dem Brot oder an Gott selbst? Worauf Vertrauen sie, wovon lassen sie ihr Leben bestimmen? Sehen sie ihr Leben in Glück an der Seite Gottes? Leben sie das, was das Bekenntnis Israels ist und jedes Leben durch die Wüsten führt und leben lässt, glücklich leben lässt: Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
Der Lebenshunger bleibt, auch wenn der Magen voll ist. Mein Herz, mein Geist, meine Seele, ich selbst muss voll sein von dem, was satt und glücklich macht. Bei Johannes ist es nicht die Frage, WAS das denn ist. Es geht nicht um Gegenstände, es geht nicht um die richtige Moral, nicht die richtigen theologischen Vorstellungen etwa, wie das mit nun der Auferstehung denn wirklich ist. Es geht nicht um ein WAS. Das ist verhandelbar, wandelt sich mit den Zeiten, es geht gehört auf die Seite der Welt. Es geht um die Frage: Wer ist in meinem Herzen, meinem Geist, meiner Seele. Ich bin das Brot des Lebens, sagt Jesus. Das zieht sich durch das ganze Johannesevangelium. Wenn du an Jesus als dem, durch den Gott spricht, zu dir spricht, glauben kann, dann hast du bereits alles. Denn Gott und Jesus sind eins. Du hast es jetzt, du hast den Schlüssel zum Glück, du bist schon auferstanden, du bist schon bei Gott und Gott ist bei dir.
Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten ...und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Wenn ich meinen eigenen Glauben betrachte, dann merke ich, dass er nicht immer gleich ist. Ich kann Gott und Jesus in ihm ja nur vertrauen, dass er bei mir ist, mein Leben begleitet und hält, dass ich Glück durch ihn finde, wenn ich es ausprobiere. Ich lerne mein Leben zu deuten unter der Gegenwart Gottes, wenn ich das erst einmal verraussetze: Gott ist jetzt da – auch wenn ich ihn nicht sehe, wenn kein Brot vok Himmel regnet, kein Wunde geschieht. Das ist dieser erste Schritt, den ich gehen muss. Und die Bereitschaft dazu, die Situationen, auch die Gewissheit, sind manchmal wechselhaft. Auch mein Glaube braucht Futter, Brot, wahres Brot. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht
Später sagt Paulus zu Jesus: Du hast Worte des ewigen Lebens (Joh 6,68). Du hast Worte, von denen wir leben können. Du sagst die Worte, die in unser Herz gehören.
Haben wir einen Menschen, der gut zu uns redet? Der nicht fortwährend fordert und schimpft und lamentiert. Haben wir einen Menschen, der zu uns sagt: Ich liebe dich? Das sind Worte, wie Jesus sie für mich und sie hat.
Obwohl ich oft mühselig und beladen bin, vielleicht geht es Ihnen auch so: Dir sind deine Sünden vergeben. Fang noch einmal von vorn an.
Haben wir Menschen, die sagen können: Ich verzeihe dir. Das sind Worte, wie Jesus sie spricht.
Haben wir einen Menschen, der bei uns ist, wenn wir krank, alt und gebrechlich sind. Denn Jesus beugt sich hinunter zu denen, die leiden. Haben wir einen Menschen, der bei uns ist in Not und Gefahr? So wie Jesus bei den Jüngern im Boot im Sturm auf dem See. Wie die Wellen sich legen und den Jüngern die Angst vergeht.
Haben wir einen Menschen, der bereit ist, uns vom Tod und dem Nichts zu retten? Haben wir eine Aufgabe, für die es sich zu leben lohnt? So wie Jesus, der seine Jünger sendet, selbst Salz und Licht und Brot der Welt zu sein.
Glaube an Gott, Vertrauen in seine Worte, darin, dass er bei mir ist, ist für mich wie ein Weg, de manchmal eben ist, manchmal bergab leicht geht, manchmal aber auch bergauf und schwerer. Aber ich bin weiter auf dem Weg, und es ist nicht Jesus, der mich vom Weg stößt. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten ...und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.
Ich lerne auf diesem Weg durch die Worte Jesu meinen Lebenshunger besser zu verstehen. Besser zu verstehen, was mein Leben in Wahrheit reich und lebenswert macht. Essen und Trinken gehört dazu aber auch Gemeinschaft, Glaube, Hoffnung, Liebe, Barmherzigkeit, Geduld und Gelassenheit, offene Ohren haben und ein offenes Herz, offene Augen für das, was ich und andere wirklich brauchen, für das, was wir im Grunde unseres Herzens und unserer Seele wirklich suchen, um glücklicher Mensch zu sein und zu bleiben.
Wir selbst wissen es ja oft gar nicht immer. Wir finden oft nicht mehr zurück, um noch einmal mit dem Dichter Eugen Roth zu sprechen. Es sei denn, wir folgen dem Werbeslogan des Deutschen Buchhandels. Wer liest hat mehr vom Leben. Gott hat doch Worte des ewigen Lebens. Und die kann man lesen, ganz einfach, ein erster Schritt. Sie werde lachen, die Bibel. Auch das wahre Brot des Lebens, will genossen sein. Es muss nicht immer Champagner sein!
Und der Friede Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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