Gottesdienst Predigt 01.04.2018

Predigt zu 1 Kor 15, 12 – 28 - Pastor Henning Hinrichs

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,
eine alte Dame, Mutter von vier erwachsenen Kindern, hat einen Plan. Trotz ihres hohen Alters will sie nach Indien. Sie will dem berühmten Guru Sai Ula in seinem Ashram begegnen. Ihre Kinder raten ihr ab: „Mutter, denk an dein Alter." - Nichts kann sie davon abhalten. Sie räumt ihr Sparbuch leer und fliegt nach Indien. Mit dem Flugzeug nach Neu Delhi. Von dort nimmt sie den Zug. 18 Stunden Zugfahrt folgen. Es ist heiß und stickig. Weitere fünf Stunden sitzt sie anschließend in einem alten, völlig überfüllten Bus. Als der seine Endstation erreicht hat, geht es auf schlechten Straßen zu Fuß weiter - noch einmal zwölf Kilometer.
Dann hat sie den Ashram von Guru Sai Ula erreicht. Sie trägt ihr Anliegen einem Guru-Jünger vor. Er sagt, sie könne nicht einfach so zum Guru gehen. Zuvor müsse sie vier Wochen im Ashram leben. Meditieren, fasten und täglich im kalten Fluss untertauchen. Doch auch davon lässt sie sich nicht abhalten. Sie meditiert also stundenlang, fastet, badet im Fluss.
Als die vier Wochen um sind, trägt sie erneut ihr Anliegen vor: „Ich möchte zum Guru Sai Ula." Der Guru-Jünger prüft, ob sie die Bedingungen erfüllt hat, und dann nickt er: „Sie können ihn
jetzt sehen, aber", sagt er, „Sie dürfen nur vier Worte zu ihm sagen."
Die Frau stimmt zu. Sie wird zu ihm geführt. Er sitzt im Lotussitz auf seidenen Kissen in einem prächtigen seidenen Gewand. Seine Augen sind geschlossen, seine Hände gefaltet.
Die Frau stellt sich nah vor ihm auf. Sie wirkt entschlossen. Als er langsam seine Augen öffnet, holt sie plötzlich aus und gibt ihm eine schallenden Ohrfeige, dass es nur so kracht, und sagt: „Hermann, komm nach Hause!"
Die Auferstehung ist für aufgeklärte und moderne Menschen des 21. Jahrhunderts wie eine Ohrfeige mitten ins Gesicht. Nämlich dann, wenn man nur das anerkennt, was in den eigenen Augen normal, oder regelmäßig erlebbar oder wissenschaftlich nachweisbar ist. Das ist die Auferstehung nicht.
Jesus hatte zwar Tote wieder zurück ins Leben geholt, so dass sie ihr Leben hier weiter leben konnten, so berichtet es jedenfalls die Bibel an wenigen Stellen. Doch diese Heilungen lassen sich zur Not, wenn man etwas großzügig liest, auch noch erklären mit bloßen Wiederbelebungen und Nahtodsituationen, wie man sie aus der Medizin kennt. Aber eine Auferstehung wie bei Jesus mit Kreuzestod, leerem Grab und herrlicher himmlischer Existenz, das ist schon ein starkes Stück.
Kann man eigentlich kaum glauben. Wir Menschen richten uns ja stets auf unseren gemütlichen, seidenen Kissen der Vernunft ein, und aus solch einer angenehmen und überraschungsarmen Haltung lässt sich irgendwie alles erklären, und was nicht zu erklären ist, gibt es nicht. Die Auferstehung kann nicht sein, es kann nicht sein, was nicht sein kann.
Es ist ja auch schwer. Wie soll man auch etwas glauben, erkennen oder unterscheiden können, das man nicht kennen kann, das den eigenen Erfahrungen so fern liegt wie die Auferstehung. Wie soll man sich das vorstellen? Schon viel einfacheres fällt ja manchen schwer.
Etwa den beide schon bejahrten Bischöfen, die auf Sylt Urlaub machten. Während eines Spaziergangs am Strand stoßen sie auf einen Bretterzaun, auf dem mit großen Buchstaben geschrieben steht: FKK-Strand. Betreten verboten. Fragt der eine: „Weißt du, was das heißt?“ „Nein,“ antwortet der andere, „aber wir können ja mal nachschauen.“ Spricht ´s und hangelt sich ächzend am Zaum in die Höhe. Plötzlich ruft er: „Du lieber Himmel, hier sind ja lauter nackte Menschen!“ „Was,“ sagte der andere, „Männer und Frauen?“ „Weiß ich nicht. Sie haben keine Kleidung an.“
Was man nicht kennt, kann man auch nicht erkennen. Man richtet sich ein. Die seidenen, gemütlichen Kissen, wie schön. Und dann kommt die Ohrfeige: Du, komm nach Hause!
Denn Zuhause ist bei Gott, seine Wirklichkeit, und in der ist mehr möglich als das Menschenmögliche. Zuhause ist bei Gott. Aber um dort hinzukommen, gibt es ein Nadelöhr, das Nadelöhr der Auferstehung. Gleich in den ersten Jahren des Christentums gab es Teile der Gemeinden, die nicht an die Auferstehung glauben wollten oder konnten. Paulus schreibt im heutigen Predigttext: Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. (…) Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.
Paulus thematisiert hier nicht an erster Stelle die Möglichkeit eines Weiterlebens. Ein Weiterleben, ein ewiges Leben ist ja das, was einem sofort einfällt, wenn man diese Hoffnung anspricht: Mein Leben geht im Himmel bei Gott, vielleicht sogar mit meiner Familie weiter, das wäre schön.
Darum geht es Paulus erst an zweiter Stelle.
Wichtiger ist ihm, warum Leben überhaupt nach dem Tod weitergehen kann. Denn, und da teilt Paulus die Skepsis der Vernünftigen, so ohne weiteres gibt es kein Leben nach dem Tod, keine Auferstehung. Viele Generationen Israels vor ihm haben nicht an ein Leben nach dem Tod geglaubt.
Denn der Mensch ist an sich sterblich. Da gibt es gar nichts dran zu deuteln. Er ist wie die Blume, die verwelkt, wie das Gras, abgemäht im Herbst. Das war nach der Bibel nicht immer so. Geschaffen wurde der Mensch laut Bibel von Gott nicht sterblich, er lebte in Gottes Nähe, Gottes Unsterblichkeit war ihre Unsterblichkeit. Und die Bibel versucht in den ersten Kapiteln diesen Wechsel von der Unsterblichkeit zur Sterblichkeit mit dem Abweichen der ersten Menschen von Gott zu erklären.
Streift man den Mythos von Adam und Eva von dieser Erklärung ab, bleibt die menschliche Erfahrung als Kern doch bestehen: Menschen müssen ihren eigenen Willen haben, ihre eigenen Entscheidungen treffen, das macht sie zu Menschen, aber damit entfernen sie sich irgendwann immer von Gott, und verlieren Gottes Unsterblichkeit. Unsterblichkeit gibt es nur in Gottes Nähe. Zuhause ist bei Gott.
Das nennt man Sünde, die zutiefst menschliche und irgendwann selbst angestrebte Trennung von Gott. Und wer von Gott getrennt ist, stirbt irgendwann. Er ist ein Mensch, frei und sterblich. Von Gott getrennt und flüchtig, wie Gras.
Unsterblichkeit gibt es nur in Gott Nähe. Nicht weil das normal, regelmäßig erlebbar oder wissenschaftlich nachweisbar ist, sondern weil Gott Gott ist. Und weil er es will. Aber eigentlich nicht für sich allein. In seiner Liebe soll sein Gegenüber, manchmal so weit von ihm getrennt, doch wieder teilhaben. Liebe will doch immer Trennendes überwinden.
Gottes Part ist Jesus Christus, in dem er in die Welt gekommen ist, und diese Trennung, die Sünde seinerseits aufgehoben hat. Wie eine ausgestreckte Hand.
Deswegen hängt für Paulus soviel an der tatsächlichen Auferstehung Christi: darin zeigt sich Gottes ausgestreckte Hand, dass er dem Tod, also das Ergebnis der Sünde, die Folge der Trennung von Gott und Mensch außer Kraft gesetzt hat.
Wer die Auferstehung Christi in den Augen des Paulus anzweifelt, zweifelt also an, dass Gott seine Hand ausstreckt, behauptet, ohne dass er es will, dass sich grundsätzlich kaum etwas verändert hat.
Natürlich hat Jesu durch seine Gleichnisse, mit seinen Aufforderungen, bedingungslose Liebe zu üben, den Blick auf die Hilfsbedürftige zu lenken, füreinander da zu sein, Wichtiges getan und gesagt, aber all das bleibt im Bereich des menschlichen, das mal gelingt, mal misslingt, das aber letztlich mit den verschiedene Zeiten mal mehr mal weniger gut verwirklicht wird – wie bislang alles, was wir zum Guten umsetzen wollten.
Ostern heißt: von Grund auf wird alles neu. Gott streckt seine Hand aus für ganz neues Leben. Und jetzt kommt es auf mich an: Nimmst du Sie an?
Wie Auferstehung letztlich aussieht? Kann ich nicht wissen, vielleicht wird eine Million Jahre wie eine Minute sein oder umgekehrt, vielleicht wird alles Ungute gut und unsere Armut zu himmlischen Reichtum in allem geführt. Ich weiß es nicht. Ich kenne es ja noch nicht.
Wen ich kenne, das ist Jesus Christus. Für Paulus kann es deshalb nur eine Osterbotschaft geben: Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.
Ich habe geträumt, erzählte mir einmal mein Freund Michel, „ich sei tot und käme oben beim Herrgott an. „Gestatten, Michel,“ sage ich. „Angenehm, lieber Gott“, antwortet er. Dann lässt er sich sofort auf eine Unterhaltung mit mir ein. Ich frage ihn: „Sage einmal, lieber Gott, wie lang sind für dich eine Mullion Jahre?. Und er sagt: „Nur ein Minütchen. „So,“ sage ich. „Und wieviel sind für dich eine Million Euro?“ Er antwortet: „Ein Cent.“ „Dann sei so gut und leihe mir einen Groschen.“ Und er antwortet: „Warte ein Minütchen.“
Und der Friede Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, bewahre unser Herzen und Sinne in Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.

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