Gottesdienst Predigt 31.12.2018

Predigt zu Jesaja 51,4 – 6 – Pastor Henning Hinrichs

 

 

 

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

wenn ich mir noch einmal alles, was bislang gesagt und gesungen wurde, in meinem inneren Ohr widerhallen lasse, versuche, noch einmal zu hören, noch einmal meine Augen zu den Bergen, in den Himmel erhebe und zugleich das betrachte, was mich von Gottes Liebe nicht trennen kann, weder Hohes noch Tiefes noch irgendetwas, selbst nicht Engel oben oder Gewalten unten, dann kommt es mir so vor, als wenn es in dem allem um ein Ringen geht, wie ein Leben zu einen guten Abschluss kommt.

Solche Situationen des Ringens, des Überdenkens sind meist auch die Momente der guten Tipps oder Vorsätze, wie an Silvester. Und so sagt es auch Jesaja im heutigen Predigttext: Hebt eure Augen zum Himmel. Schaut auf die Erde unten. Als wären wir Menschen dazwischen: oben der Himmel, unter uns die Erde. Und wir mal mehr zum Himmel, mal mehr zur Erde gehörend. Es ist noch nicht entschieden. Aber heute ist wieder so etwas wie eine Etappe erreicht, es wird wieder nachgerechnet. War das jetzt in der Summe eher….

Und vielleicht lässt sich ja an diesem Silvesterabend die Großartigkeit oder Kleinlichkeit eines Kalenderjahres, das Gelungene oder Misslungene eines Lebensjahres danach betrachten, wie ich Himmel und Erde in diesem Jahr im Blick hatte.

Früher, in einer Zeit, in der man die Langeweile nicht sofort verjagt hat, legten sich die Menschen, vor allem auch Kinder, einfach auf eine Wiese und blickten in den Himmel. Dann sahen sie den Himmel über ihrem Dorf oder ihrer Stadt, der klar war, und frisch von Luft, die sie befriedigt einatmeten. Oder Wolken, die den Regen brachten, und es war eine Freude. Sie hielten es mit dem Humoristen Karl Valentin, der sagte: „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ Das Wetter war nie nur schlecht in "alten Zeiten", es sprach noch zu den Menschen, es sprach vom Schöpfer. Von Gott. Und die Menschen, die einfach nur schauten, sahen, dass es gut war.

Hebt eure Augen zum Himmel. Schaut auf die Erde unten.

Wir schauen vielleicht viel zu oft nur auf die Erde. Und schon wie Jesaja sehen wir dann, was sich unten abspielt, und das ist oftmals keine Freude: Hebt eure Augen auf zum Himmel! Schaut auf die Erde unten. …Die Erde (wird) wie ein Kleid zerfallen, und die darauf wohnen, werden wie Mücken dahinsterben. Die Erde ist wie ein verbrauchter Mantel, wie ein abgenutztes Kleidungsstück für Jesaja. Und Verbraucher wissen, wovon hier die Rede ist. Unsere Erde wird verbraucht, abgenutzt, so schnell wie in keinem Jahrhundert vor uns. Und man selbst wird ja auch nicht davor bewahrt, in diesem Mantel zu stecken. Mit jedem Lebensjahr wirkt er abgetragener, älter, schwächer - und wir bekommen einfach keinen anderen, er wird nur manchmal geflickt, dann geht es wieder eine Zeit.

Überhaupt Zeit, an einem Tag wie diesem merkt man, dass sie vergeht, macht es sich bewusst. Silvester als Blick zurück. Was war denn wirklich wichtig in diesem Jahr? Wenn ich eine der üblichen Fernsehshows zum Jahresende produzieren müsste, „Das war mein 2018“, was würde ich zeigen? Und war es mehr Himmel oder Erde?

Jesaja jedenfalls schaut nicht weg, verschweigt das Unangenehme nicht, sondern nimmt alles in den Blick. Den Himmel und die Erde in und um uns Menschen. Und er stellt fest, dass auch der Himmel, jedenfalls der, den wir uns bloß erträumen, keinen Bestand hat.

Hebt eure Augen auf gen Himmel und schaut unten auf die Erde! Denn der Himmel wird wie ein Rauch vergehen und die Erde wie ein Kleid zerfallen, und die darauf wohnen, werden wie Mücken dahinsterben.

Alles was irgendwann geschaffen wurde, unsere Welt aus mal mehr Himmel, mal mehr Erde, unsere Lebensformen, unsere Beziehungen, unsere Liebsten und wir, wir sind auch nicht anders als die angesprochenen Mücken. Soweit der erste Teil dieser Silvesterpredigt. Der ernste.

Aber auch für Jesaja hat doch etwas Bestand, sozusagen der andere Himmel, nicht unserer Wunschhimmel, sondern der, der ist, weil Gott in ihm ist. Für Jesaja wäre Silvester nicht nur der Blick zurück, er würde vorausschauen, aber nicht nur ins nächste Jahr, zur nächsten auch nicht anderen Fernsehshow „Das war mein 2019“ – er schaut weiter, er schaut zu Gott. Er hört Gott für sein Leben gern zu.

Und wissen Sie, was passiert, wenn ich Gott höre, ihn in mein Herz lasse?

Zeit spielt dann keine Rolle mehr. Denn wo Gott erlebt wird, da ist Ewigkeit. Und so hat der ganze Predigttext auch nicht nur diesen dunklen Jahresend-Sound, den wir bislang gehört haben. Er hat vor allem den Klang des Aufbruchs und der Freude.

Denn so spricht Gott durch Jesaja: Merkt auf mich, ihr Völker, und ihr Menschen, hört mir zu! Denn Weisung wird von mir ausgehen, und mein Recht will ich gar bald zum Licht der Völker machen. Denn meine Gerechtigkeit ist nahe, mein Heil tritt hervor, und meine Arme werden die Völker richten. Die Inseln harren auf mich und warten auf meinen Arm. Hebt eure Augen auf gen Himmel und schaut unten auf die Erde! Denn der Himmel wird wie ein Rauch vergehen und die Erde wie ein Kleid zerfallen, und die darauf wohnen, werden wie Mücken dahinsterben. Aber mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen.

Zeit spielt keine Rolle bei Gott. Gottes Heil bleibt ewiglich. Das heißt, dass Gottes Ewigkeit schon jetzt stattfindet. Und ich hoffe, Sie alle haben auch schon Ewigkeit erlebt, Augenblicke, in denen Zeit plötzlich keine Rolle mehr spielte, irgendwie alles aufgehoben war und nur noch eines da war: Glück oder Freude. Bei mir ist das z.B. so, wenn ich Musik mache. Ich vergesse dann alles um mich herum, höre nichts mehr – nun, das liegt vielleicht auch an der lauten E-Gitarre - und schrecke regelrecht zusammen, komme wie aus einer anderen Welt, wenn eines meiner Kinder plötzlich vor mir steht, und mich rausreißt aus meinem Moment der Ewigkeit.

Denn Ewigkeit erleben heißt erfüllt sein, so sehr erfüllt sein, dass kein Platz mehr ist für anderes außer Glück, Freude. Dazu hilft Religion, hilft beten, dieser Gottesdienst vielleicht, das Abendmahl, Gott in mich hinein zu lassen, erfüllt zu werden und Glück und Freude zu erfahren, Ewigkeit, auch schon jetzt. Nun bleiben wir Menschen zwischen Himmel und Erde, und deshalb halten diese Momente nie dauerhaft an, aber sie lassen doch schon erleben, was Gott meint, wenn er von Ewigkeit, von Erfüllung spricht. Lassen erahnen, wohin Gott uns führen will. Das ist in der Musik so, in der Liebe und das ist im Lachen so.

Denn was uns der Glaube an Gottes Ewigkeit schon jetzt besonders an Silvester in diesem Rückblick und Ausblick in ein Jahr, das auch nicht viel anders an das Vergangene ablaufen wird, lehrt, ist doch, diese Welt, die vergeht, zu lieben wie sie ist, und uns eben auch. Und sie nicht allzu ernst zu nehmen, vor allem uns nicht so ernst zu nehmen.

Fröhliche und glückliche Menschen sind vor allem solche, die über sich selbst lachen können. Und so stelle ich mir immer Heilige vor, also Menschen, die einen ganz engen Draht zu Gott haben, es sind Menschen, die lachen können. Menschen, die wissen, was sie nicht können, auch als Heilige nicht, aber es annehmen können und versuchen es besser zu machen, d.h. ihre Fehler lieben zu lernen, und alles, was sie sind, von Gott kommen lassen.

Gestern Abend in einer Sendung über Humor hatte Eckard von Hirschhausen ein sehr schönes Beispiel, wie das geht. Er hob seine Hände hoch mit einem Abstand von ca. 60 cm zwischen der linken und rechten Hand. Die linke Hand stand für das, was schief gelaufen ist, nicht die Todesfälle, nicht die schweren Erkrankungen oder anderen wirklich dramatischen Dinge im Leben, aber doch das, was ich als misslungen betrachte – mir fiel gleich eine Kanutour im Spreewald ein, auf der ich ohne Wechselklamotten von einem Unwetter bis auf die Unterhose durchnässt worden bin. Mist!

Die rechte Hand steht dafür, wie wir vielleicht nach einem halben Jahr über genau dieses Ereignis lachen können, und es gerade dieses Erlebnis ist, dass wir besonders gerne auf Feiern erzählen – ich musste z.B. auf der Tour ein T-Shirt meiner Frau anziehen, das mir nur bis zum Bauchnabel ging und eine enorm unmännlichen Ausschnitt hatte: und so ging ´s in einen Gaststätte. Können Sie sich die Augen der übrigen Gäste vorstellen? Aber genau diese Geschichte habe ich später immer wieder gern erzählt, vielleicht so schon hier in Reppenstedt.

Aber warum nicht schon nach 2 Monaten über das vermeintlich Misslungene lachen (Hände gehen näher zusammen), oder nach einem Monat (noch näher), oder noch besser, in genau dem Moment darüber lachen (Hände zusammnen).

Und als Eckard von Hirschhausen so die Hände zusammenlegte, dachte ich: Das ist die Haltung des Gebets, wo das, was ich erlebe, auch das Misslungene, mit dem zusammenkommt, wo ich es annehmen und auch drüber lachen kann. Deshalb kann man im Gebet Gott und seine Ewigkeit erleben. Erfüllt von Glück und Freude ein auf jeden Fall frohes Jahr erleben. Merkt auf mich, ihr Völker, und ihr Menschen, hört mir zu!... mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen.

Und der Friede Gottes, der größer ist als all unsere Vernunft, bewahre unser Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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