Gottesdienst Predigt vom 05.02.2017

Predigt zu 2. Mose 3,1–10 am (05.02.2017) – Pastor Henning Hinrichs


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Wenn man ein paar Jahre im Dienst ist, wiederholen sich Dinge. Das ist zwangsläufig so. Es kann ja auch nicht alles neu sein, Vertrautheit entsteht auch in der Wiederholung, etwa in einer Partnerschaft zu wissen, am nächsten Tag wieder neben dieser bezaubernden Person aufzuwachen zu dürfen.
Und so musste es also irgendwann so kommen, dieses: Über diesen Text hast du schon einmal gepredigt, über Mose, den brennenden Dornbusch und Moses Gespräch mit Gott, Gottes Auftrag, das Volk Israel aus Ägypten zu führen. Und ich weiß noch, wie unbefriedigend ich damals meine Predigt 1999 fand. Ich war Vikar in der Margarethengemeinde in Gehrden bei Hannover und sollte jetzt diesem Top-10-Text der Bibel etwas Neues abgewinnen.  Ich!
Ich konnte so gut Mose nachempfinden, als er sagt: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? Wer bin ich, dass ich diesen Text interpretieren soll? Und Gottes Antwort war vielleicht auch für mich eine Verheißung, aber damals konnte ich das noch nicht spüren, als Gott zu Mose und irgendwie auch zu mir sagte: Ich will mit dir sein.
Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters... und trieb die Schafe über die Steppe hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. Da sprach er: Ich will hingehen und die wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt. Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich. Gott sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! Und er sprach weiter: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt, ... so geh nun hin, ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst. Mose sprach zu Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? Er sprach: Ich will mit dir sein.
Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht nicht ein Dornbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Der Dornbusch ist eigentlich nur so etwas wie ein Leuchtsignal, damit Mose aufmerksam wird, bereit ist für die Gottesbegegnung. Es geht nicht darum, dass Mose etwas sieht, sondern dass er hört.
Vielleicht gab es in meinem Leben auch so etwas wie einen brennenden Dornbusch? Wenn, dann habe ich ihn nicht wahrgenommen. Aber vielleicht ist der auch nicht so wichtig, vielleicht ist es wenig, das wirklich not tut.
Nämlich: Gott stellt sich vor. Er sagt, wer er ist. Er ist der Gott der Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Er ist der, der treu ist. Was er mit Abraham begonnen hat, soll nicht aufhören. Wie er Isaaks Leben bewahrte, so tut er es immer noch. Wie er den Jakob ertrug, so erträgt er bis heute sein schwieriges Völkchen Gemeinde. Er ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Vor allem heißt das: Gott sieht. Und er sieht hin. Und er guckt nicht weg. Und er lässt sich anrühren. Und er bleibt nicht kalt. Und er hört. Er hört hin. Er überhört nicht das Jammern und Klagen der Leidenden. Er hat ein Ohr für die Kleinen. Und dann fasst er einen Entschluss: Es kann so nicht weitergehen. Ich muss eingreifen. Ich muss retten. Ich muss Menschen rausholen aus dem Elend. Ich muss sie hineinführen in ein gutes Land, wo Milch und Honig fließt.
So ist Gott. Wir bekommen einen Einblick in das Innerste, in das, was in Gott vorgeht: sehen, hören, mitfühlen, bewegt werden, sich anrühren lassen, entscheiden, entschlossen sein zu retten. So ist Gott.
In einem der letzten Gottesdienst hatte ich gesagt, der Mensch würde es nicht überleben, also das, was Mose sich gewünscht hatte, Gott zu sehen, und was ihm verwehrt worden sei, weil er es nicht überleben würde, er würde es nicht überleben, Gottes Angesicht zu sehen, weil er wohl sein eigenes hässliches Gesicht in Gottes schönem Gesicht gespiegelt sehe, seine ungnädigen selbstsüchtigen Tagten angesichts der Gnade und Selbstlosigkeit Gottes. Das würde ihn fertig machen.
Nach dem Gottesdienst hatte ich ein Gespräch und meine Gesprächspartnerin sagte, das stimme schon, aber viel schlimmer sei es doch, zu erkennen, das all die Taten, die ich so gut an mir finden  würde, das Tolle an mir, vor Gottes Augen so billi gund unwichtig erscheinen müssten. Das sei doch eigentlich noch viel schlimmer, wenn selbst meine guten Seiten im Angesicht Gottes nicht ausreichen würden.
Aber trotzdem ergreift Gott die Initiative. Rettung. Befreiung. Erlösung. Erbarmen. Ein neues Land. Frieden. Freiheit. Aufatmen. Heraus dürfen. Wer bist du, Gott? Das bin ich! Wo stehst Du, Gott? Da stehe ich, nicht dort. Bei denen, die leiden, stehe ich.
Wie macht Gott das? Er sagt: Du – führst – sie – aus Ägypten. Wie macht Gott das? Er gibt seiner Rettung eine ungemütliche Wendung: Du – führst – sie – aus Ägypten! Mit dir will ich tun, was ich tun muss. Wer bin ich?
Das ist eine der großen Frage zu Beginn des Vikariates. Wer bin ich? Das ist eine Frage des Menschen, von dem Gott fordert, mehr in die Hand zu nehmen als das eigen Leben, verantwortlich zu sein, zu helfen.
Wer bin ich denn?
Du bist der, den Gott begleitet. Ich bin mit dir, darum kannst du es. Aber müsste ich nicht erst meine Vergangenheit aufarbeiten, noch mehr theologische Seminare besuchen, ein bisschen Fitnesstraining?
Nein, sagt Gott, sich für meine gute Sache einsetzen, das macht stark. Etwas für mich wagen, das heilt. Mitarbeiten schafft starke Persönlichkeiten. So seltsam das klingt: Dienen macht stark!  Ich bin mit dir.
Und das ist das Schönste an dieser Geschichte: Wer nun Gott ist, kann kann ich nicht anders sagen als mit Bezug auf mich, dessen Gott er ist. Er ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und jetzt auch der Gott des Mose, und er ist der Gott Hennings, Ralf-Peters, der Gott Olgas und Almuts, der Gott Ninas und Moritz.
Und umgekehrt auch: Wer ich bin, kann ich nicht anders sagen als mit Bezug auf den Gott, der mich ruft: Ich bin mit dir. Wer bin ich? Der, mit dem Gott ist. Wir sind die, die wir sind, nicht durch unsere Titel, nicht durch unser Geld, unsere Häuser, unsere Autos, unsere tollen Familien, unsere Musikalität oder Sportlichkeit. Wir sind die, die wir sind, auch nicht durch unser Versagen, unsere Verwundungen, unsere Fehler, also die Familien, die wir nicht haben, die Titel, die uns versagt blieben, die Güter, die immer nur andere haben. Wir sind die, die wir sind, durch Gottes ewiges Ja, seinen unverrückbaren Beschluss, seinen nie aufgehobenen Ruf, seine Berufung in unseren Dienst, sein treues, manchmal stures Festhaltenan uns, für uns, mit uns. Ich bin mit dir. Komme, was da wolle. Fehle, was da wolle. Auf den Höhen, im finsteren Tal. In Stärke. In Schwäche. Im Gelingen. Im Versagen. Mit dir, auf ewig. Ich bin nicht ohne dich. Du bist nicht ohne mich.
Das ist Gottes Wille.
Und der Friede Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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