Gottesdienst Predigt vom 22.11.2017

Predigt zu Jona 3 – Pastor Henning Hinrichs


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde,
vor dem letzten Testspiel des Jahres gegen Frankreich hat Bundestrainer Jogi Löw die Fans der deutschen Mannschaft erstaunt. Als Zuschauer hofft man ja immer auf glanzvolle Siege, die schon irgendwie als ein Abbild eines möglichen Weltmeistertitels herhalten können, man will ein richtig gutes Spiel sehen.
Stattdessen forderte Jogi Löw von seiner Mannschaft … Fehler. Er sagte in einem Interview "Ich möchte auch eine Fehlerkultur zulassen. Fehler passieren..."
Fehler passieren. Da spricht jemand, der in seinem Leben anscheinend schon so einiges gesehen hat, der weiß, dass Menschen nicht immer Höchstleistungen bringen, und im Zusammenspiel mit anderen jedes Rädchen im Getriebe auch mal feststecken kann und dann mehr als das Einzelschicksal ins Stocken gerät. Der Mensch heißt Mensch, weil er irrt und weil er kämpft und weil er hofft und liebt und eben alles andere als perfekt ist. Fehler passieren.
Im heutigen Predigttext geht Jona als Prophet Gottes zu den Bürgern von Ninive und öffnet ihnen im Namen Gottes die Augen, was alles schief gelaufen ist und was als Konsequenz ihrer bösen Taten folgen wird: ihr Untergang in vierzig Tagen. Vierzig Tage haben sie noch Zeit, man kennt das ja von Sodom und Gomorra, dann ist es zu spät.
Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und ließen ein Fasten ausrufen und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an. Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe Nahrung zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und zu Gott rufen mit Macht.
Und ein jeder bekehre sich von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände! Wer weiß? Vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben.
Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat's nicht.
Fehler passieren. Und sie passieren manchmal immer wider und mehr. Und irgendwann merkt man gar nicht mehr, was man alles falsch macht. Sie passieren und meistens hat man gar kein richtiges Gespür mehr dafür, dass das jetzt schlecht war. Noch nicht einmal das Gewissen rührt sich dann mehr. Wenn ich etwa in Gesprächen Einblick bekomme im Familientragödien, da lässt es sich von außen leicht urteilen, was richtig oder falsch war. Steckt man aber mitten drin in einem Konflikt, dann kommt einem meist das eigene Verhalten folgerichtig und sogar gerecht vor, das der anderen aber schlimm oder dumm. Man hat den Kontakt verloren zu einer objektiven Sicht auf die Dinge, man kennt irgendwann nur noch die eigene Rechtfertigungskette. Ich gut, du böse. So lässt sich alles rechtfertigen. Fehler passieren und niemand merkt es. So war das vielleicht lange in Ninive, deshalb haben sie so lange immer weiter gemacht, bis Gott irgendwann die Hutschnur geplatzt ist: Und es geschah das Wort des HERRN zu Jona: Mach dich auf, geh in die große Stadt Ninive und predige ihr, was ich dir sage! Und Jona predigte und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen.
Aber Jogi Löw hat nicht nur gesagt: Fehler passieren. Er hat gesagt: Fehler passieren, damit man daraus lernen kann. Deshalb möchte er Fehler sehen und benennen. Nur so kann man Fehler beheben und es in Zukunft besser machen.
Eine Mannschaft hat einen Trainer, für diesen besonderen Außenblick, für die Übersicht. Und ein Spieler lernt nur aus seinen Fehlern, wenn er das akzeptiert, den Trainer akzeptiert, wenn er den Gedanken zulässt, dass er selbst etwas verbockt oder die falsche Entscheidung getroffen hat – und nicht nur die anderen.
Das besondere an den Bürgern von Ninive ist, dass ihnen genau das gelingt. Ihnen werden die Augen geöffnet. Sie schaffen es durch dieses Wort Gottes an sie, ausgesprochen von Jona, geradezu neben sich zu treten und wie von außen auf das zu schauen, was sie da tun, sagen, denken, fühlen schon so lange.
Und sie merken jetzt, endlich: Wir leben ja falsch. Unser Verhalten ist böse. Und sogar ihr König macht mit. Meistens ist es ja so, das die menschen gar nichts einsehen, leider.
Hier schon. Ninive hat erkannt und will lernen. Sie werden es jetzt anders machen. Jetzt wäre ihr Untergang wirklich sinnlos und ungerecht, denn jetzt wird sich etwas verändern, und darauf kommt es doch an, nicht auf das, was war, sondern darauf, was sich zum Guten verändern kann..
Als Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat's nicht.
Darin liegt für mich die Schönheit dieses Textes, dass Gott hier nicht nur einfach Strafe erlässt, wie ein neutraler Richter, für den Tatbestände vorliegen oder nicht mehr, und der allein danach die Strafe verhängt oder frei spricht.
Es reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte. Die Strafe ist – mag sie auch gerechtfertigt sein - so wie das verletzende Handeln der Menschen von Ninive auch Übel, etwas Schlechtes, Böses, was eigentlich nicht sein soll. Strafe soll genauso wenig wie Verbrechen sein.
Dieser Gott ist im Tiefsten ein mitfühlender Gott, einer, der sich doch noch einnehmen lässt von der guten Seite der Menschen. Denn die gibt es ja auch, wenn sie nicht zugeschüttet wird mit Selbstrechtfertigung und Rechthaberei. Die menschliche Fähigkeit, Fehler zu erkennen und daraus zu lernen.
Wenn das passiert, ist Gott zur Stelle.
Vielleicht liebe ich deswegen so diese Gottesdienste. Im Segen und im Abendmahl geht es auch um die eigene Schuld, ehrlich, vielleicht sogar schonungslos so weit. Aber es geht nie um Schuldzuweisung oder Selbstzerknirschung, sondern darum, es nun anders zu machen. Fehler passieren, damit man daraus lernen kann. Um zu spüren, dass Gott zur Stelle ist, wenn es ans Eingemachte geht und dass er mitfühlt, mitleidet, sich mitfreut über jeden neuen und guten Weg.
Als Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat's nicht.
Und der Friede Gottes, der größer ist als all unsere Vernunft, bewahre unser Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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