Gottesdienst Predigt 26.12.2018

Predigt zu Römer 1, 1 – 7 – Pastor Henning Hinrichs

 

 

 

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

an Weihnachten hat die Post Hochkonjunktur. Niemals sonst im Jahr werden so viele Briefe geschrieben, verschickt und gelesen. Der Klavierstimmer wünscht klingende Weihnachten, der Elektriker besinnliche Tage in mildem Licht, der Heizungsbauer wünscht wohlige Feiertage. Neben all den Grußkarten von Banken und Versicherungen gibt es immer wieder auch echte Briefe, in denen viel Liebe drinsteckt.

Freunde von uns aus Frankfurt schreiben z.B. immer, was im letzten Jahr Wichtiges bei ihnen passiert ist. Da sind Briefe mit Wünschen, die zeigen, dass der Briefschreiber weiß, was ich brauche. Briefe mit Herzblut. Worte, die sagen: Ich denke an Dich, ich mag dich, du bist mir wichtig. Beim Lesen dieser Weihnachtpost denke ich, eigentlich sollte immer Weihnachten sein, das müsste man sich doch viel häufiger schreiben, dass Menschen aneinander denken, einander wichtig sind. Aber es ist eben nur einmal im Jahr: das Fest der zu Papier gebrachten Liebe.

Und weil es um die Liebe geht, ist Weihnachten auch nicht tot zu kriegen. Weihnachten können wir nicht absagen und ausfallen lassen. Und selbst wer nach Dubai flüchtet, wird auch dort Weihnachtsspuren finden. Man kann ja auch die Liebe nicht abschaffen und man kann auch vor der Liebe nicht davonlaufen, wenn sie einem begegnet und das Leben verwandelt.

Ich habe Ihnen heute auch einen Weihnachtsliebesbrief mitgebracht. Einen mit einer guten Nachricht. Auch wenn der Brief bald zweitausend Jahre alt ist und zuerst an ein paar Frauen und Männer in Rom geschrieben war, so gilt er doch auch uns. Paulus hat diesen Brief geschrieben. Paulus, der zuerst ein glühender Verfolger derer war, die sich um Jesus scharten, und dann einer, für den Jesus die Liebe, die Bestimmung seines Lebens wurde, der die Straßen ablief, die Meere befuhr und sich aufmachte bis nach Rom, dem Zentrum der damaligen Welt. Und das, weil er aller Welt verkünden wollte, wer dieser Jesus ist, dessen Geburt wir feiern und was die Welt von ihm haben wird.

Er schreibt: Paulus, Diener Jesu Christi, an die Gemeinde in Rom. Gott hat mich zum Apostel berufen und dazu bestimmt, seine Botschaft bekannt zu machen, die er schon vor langer Zeit durch seine Propheten in der Heiligen Schrift angekündigt hatte. Es handelt sich um das Evangelium von seinem Sohn. Dieser stammt seiner irdischen Herkunft nach von David ab, und nachdem er von den Toten auferstanden ist, ist ihm – wie es das Wirken des Heiligen Geistes zeigt – die Macht gegeben worden, die ihm als dem Sohn Gottes zukommt. Durch ihn, Jesus Christus, unseren Herrn, hat Gott mich in seiner Gnade zum Apostel für alle Völker gemacht, damit sie das Evangelium annehmen und an Jesus glauben und damit auf diese Weise sein Name geehrt wird. Darum gilt mein Auftrag auch euch in Rom, euch, die ihr von Jesus Christus berufen seid. Ihr seid von Gott geliebt, ihr seid berufen, und ihr gehört zu seinem heiligen Volk. Euch allen ´wünsche ich` Gnade und Frieden von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn.

Da ist also alles zusammengefasst ist, was von Jesus, von Gott und damit von Weihnachten zu sagen ist. In diesen wenigen trockenen Briefzeilen ist alles eingepackt, was wir auspacken können, damit es in unseren Herzen wirklich Weihnachten wird, auch und gerade bei denen, die immer noch nicht festlich gestimmt sind, sondern vielleicht traurig, einsam oder verbittert. Hier ist alles eingepackt, was Gott uns zu schenken hat, was in unsere Herzenskrippe hineingelegt gehört. Es geht um eine gute Nachricht.

Weihnachten heißt: Wir müssen in eine ganz andere Richtung schauen, um Gott zu finden: nicht nach oben, sondern ganz nach unten.

Wenn ich nach oben blicke, dann kann ich da an den Himmel alle möglichen Bilder von Gott projizieren: den alte Opa mit Rauschebart, den gütig lächelnden liebe Vater überm Sternenzelt, den überaus großen und erhabenen jenseitigen Weltenherr, vor dem man sich nur fünfmal täglich in den Staub werfen kann. Doch den lebendigen Gott, den finde ich dort, wo wir Menschen von uns aus beim besten Willen nicht drauf gekommen wären: als Embryo im Leib eines armen jungen Mädchens in einer abgelegenen Provinz des damaligen römischen Weltreichs, als kleines Baby in einem Futtertrog. Der Sohn Gottes, der lebendige Gott, wird wirklich geboren, seiner irdischen Herkunft nach, so fügt es Paulus sofort hinzu: Gott wird irdisch, wird ein sterblicher Mensch - und er bleibt in dieser Verbindung. Mit dieser Geburt ändert sich das Verhältnis zwischen ihm und uns Menschen ein für alle Mal: Kein Leid, keine Sorge, kein Schmerz, keine Angst, auch keine Freude, keine Verbundneheit sind ihm von nun ab fremd, nichts von all dem, was Sie heute mit hier in diesen Gottesdienst geschleppt haben: Er weiß genau, wie es Ihnen geht, denn er ist selber geboren worden wie Sie, hat selber einen menschlichen Körper, wie Sie, schaut Ihnen nicht bloß irgendwo von oben verständnislos zu. Nein, Liebe ist es, die sein Verhältnis zu Ihnen bestimmt, endgültig, unwiderruflich.

Dieser Brief von Paulus endet aber nicht mit Weihnachten. Wenn es in unserem Glauben nur um Weihnachten geht, wenn die Geburt des Babys im Stall von Bethlehem alles ist, was uns an Gott, an Jesus interessiert, dann haben wir das Entscheidende noch gar nicht mitbekommen. Ja, es stimmt, Gott ist Mensch geworden, ist ein kleines Kind geworden. Aber dieses kleine Kind ist eben nicht in der Krippe liegen geblieben, ist groß geworden, hat von Gott gedet, hat geheilt, ist schließlich ans Kreuz genagelt worden. Und auch das war und ist eben nicht das Ende der ganzen Geschichte. Paulus betont es hier mit Nachdruck: Dieser Jesus Christus ist eingesetzt als Sohn Gottes durch die Auferstehung von den Toten.

Deshalb geht es schon Weihnachten um Tod und Auferstehung, die zentralen Themen im christlichen Glauben. Das lässt sich nicht ausblenden, auch nicht heute am zweiten Weihnachtstag. Musikalisch ist das so schön zum Ausdruck gebracht worden durch Johann Sebastian Bach im Weihnachtsoratorium, wo nach dem federnden „Bereite dich, Zion“, plötzlich zum Adventstext „Wie soll ich dich empfangen“ die Melodie von „O Haupt voll Blut und Wunden“ erklingt.

Vielleicht mag ich deshalb den Gottesdienst zur Christnacht um 23 Uhr am liebsten. Im Dunkeln feiern wir diesen Gottesdienst, nicht bloß, weil das so schön romantisch aussieht, weil die vielen Kerzen eindrucksvoll zur Geltung kommen. Sondern die Dunkelheit, in der wir diesen Gottesdienst feiern, erinnert an die Dunkelheit des Lebens, über dem immer wieder von Neuem der Schatten des Todes liegt.

Aber diese Dunkelheit, die es eben gibt, ist doch nichts, was ich verdrängen muss, an Weihnachten unter den Teppich kehren muss. Dass wir alle miteinander unserem Tod entgegengehen, dass keiner von uns weiß, ob dieses Weihnachten nicht vielleicht doch schon das letzte ist, das er oder sie hier auf Erden verbringt – es muss nicht Angst machen. Denn dieses kleine Baby in der Krippe, das ist in diese Welt gekommen, ist einer von uns geworden, um den Tod zu besiegen, um auch unserem Tod seinen Schrecken zu nehmen. Nichts ist diesem Baby in der Krippe erspart geblieben, nicht die Folter und auch nicht die Hinrichtung, der grausame Tod.

Aber der Weg dieses Kindes, das da in der Krippe lag, endet eben nicht in einem Grab, führt aus dem Grab heraus. Wenn ich das glauben kann, daraus leben kann, dann ändert sich tatsächlich die Art, wie für mich die Welt funktioniert. Dann gibt es die Dunkelheit immer noch, aber ich erlebe sie als etwas, das begrenzt ist, vergehen wird, zu ihrer Zeit, keine Macht über mich hat.

Paulus selbst blickt z.B auf einige Aufenthalte in römischen Kerkern zurück. Es war damals nicht sehr wahrscheinlich, dass man da heil wieder rauskam. Aber er lebt immer noch. Er hat erlebt, dass man durch so etwas heil hindurchgehen kann, obwohl es ein paar Mal ziemlich auf der Kippe stand. Die Kraft der Auferstehung bewährt sich also nicht nur dann, wenn es wirklich ans Leben geht, sondern schon vorher in vielen kleineren Gefahren und Belastungssituationen, sie sind begrenzt, vergehen zu ihrer Zeit, haben keine Macht über mich.

Ich glaube, wir müssen unsere Vorstellung, was Macht hat, überdenken. Wenn wir über Macht nachdenken, dann haben wir meistens die Reichweite im Blick: wie viele Menschen hören auf das Kommando eines Menschen? Bis wohin reicht sein Einfluss? Paulus schaut darauf, welche Art von Macht das ist. Wenn es die richtige Art von Macht ist, dann ist die Reichweite nicht so entscheidend. Der Einfluss von Paulus reicht bis zu uns, über 2000 Jahre, und sein Römerbrief ist tatsächlich eins der wirkungsvollsten Dokumente der Weltgeschichte geworden. Aber das hat damals niemand wissen können. Trotzdem hat sich Paulus nicht gegrämt, dass sein Einfluss damals ein Witz war im Vergleich zu dem, was der Kaiser bewegen konnte. Ihm war es wichtig, an der richtigen Art von Macht beteiligt zu sein, von Gottes Macht. Natürlich steigt die Reichweite auch dieser Macht, wenn mehr Menschen daran beteiligt sind. Deshalb reist Paulus ja durch die Welt, um Menschen den wahren König zu zeigen. Aber wichtiger ist, dass ich lerne, dieser Macht zu vertrauen.

Durch ihn, Jesus Christus, unseren Herrn, hat Gott mich in seiner Gnade zum Apostel für alle Völker gemacht, damit sie das Evangelium annehmen und an Jesus glauben und damit auf diese Weise sein Name geehrt wird.

Für Paulus war das der entscheidende Lebensantrieb. Diese Macht des Lebens, der Liebe und der Freiheit, diese Macht, die die Umsetzung der Auferstehung in das kleine und große Leben ist, die wird Paulus im Römerbrief eingehend beschreiben. Diese Macht ist mit Weihnachten in der Welt, und sie wird nicht mehr vertrieben werden. Und wir sind diejenigen, die Augen bekommen sollen für den wahren Herrn dieser Welt, Jesus Christus, und für seinen besonderen Weg Ihr seid von Gott geliebt, ihr seid berufen, und ihr gehört zu seinem heiligen Volk. Euch allen ´wünsche ich` Gnade und Frieden von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn.

Amen.

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